Verein zur Pflege der Denkmäler und der lokalen Kultur
in Neustift am Walde und Salmannsdorf

Mariensäule
Mitterwurzergasse

Am bekanntesten unter den Bildstöcken, Säulen und Kreuzen in Neustift am Walde und künstlerisch am bedeutensten ist die Mariensäule in der Mitterwurzergasse, inmitten der Weinberge.
Hier wird die Gottesmutter so dargestellt, wie es im Barockzeitalter am beliebtesten war: als „Immaculata”, als Unbefleckte. Maria steht auf der Weltkugel, um die sich die Schlange windet: das Bild ist der Genesis entnommen, und dieses Zitat ist auch auf dem Sockel der Säule zu lesen.
Die Inschrift ist auf einem Schild, mit barocker Umrahmung in den quaderförmigen Sockel der Säule gemeißelt, die Säule selbst wird unten von einem ringförmigen Basiswulst abgeschlossen, oben ist ebenfalls dieser Ringwulst angebracht, der in ein volutengeschmücktes Kapitell übergeht. Darauf ruht die Weltkugel, im obersten Viertel von der Schlange umwunden, die Füße der Gottesmutter berühren zugleich die Weltkugel und die Schlange: wenn auch der Teufel in Gestalt der Schlange die Welt gefährdet, Maria zertritt ihn und schützt die Erde mit einer einzigen Bewegung des Fußes! Aber sie kann dies nicht aus eigener Kraft, sie ist Fürbitterin. Ihre Hände sind zum Gebet gefaltet, und ihr Blick scheint sowohl in die Weite des Unendlichengerichtet als auch auf ihre Umgebung: auf Neustift.
Diese mariologische Aussage, die unsere Statue nahe legt, lässt vermuten, dass bei der Konzeption und Ausführung ein bedeutenderKünstler am Werk gewesen sein muss.
Dafür spricht auch die sorgfältige Ausarbeitung der Figur, der Faltenwurf, der Ausdruck des Gesichts.
Die Mariensäule wird dem Bildhauer Paul Strudel zugeschrieben, der einen Teil der Arbeiten an der „Pestsäule” am Graben ausführte. Die „Fides” der Pestsäule – die Gestalt des Glaubens, der die Pest besiegt – weist Ähnlichkeiten mit der Maria unserer Säule auf. Allerdings sind auch deutliche stilistische Unterschiede zu erkennen, so in der Art, wie der Künstler den Faltenwurf des Gewandes behandelt.
Welche Motivation führte dazu, hier eine Mariensäule zu errichten?
Der eine der beiden steinernen Gitterpfeiler, von denen die Säule begrenzt wird, trägt die Jahreszahl 1697, der andere 1937, das Datum der letzten Renovierung. Der linke Pfeiler ist alt, vermutlich so alt wie die Säule, der andere wurde 1937 gesetzt. Auf jedem der Pfeiler ist bei der Jahreszahl eine Weintraube angebracht.
1697: Welches Ereignis gab es 1697 in Neustift, das Grund für die Errichtung der Säule gewesen sein könnte?
Die Deutung liegt nahe, dass der Anlass für die Aufstellung der Säule die Beendigung der Pest gewesen sei. Das große Pestjahr allerdings, unter dem die Gemeinden Neustift und Salmannsdorf besonders zu leiden hatten, war 1679.
Das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts hatte Wien und hatte Neustift und Salmannsdorf viel Schweres gebracht, durch die Pest und die Türken waren die Bewohner der beiden Gemeinden dezimiert worden. Am Ende des Jahrhunderts schien man wieder etwas aufatmen zu können. Es ist also durchaus verständlich, dass man jetzt dankbar daran ging, die in der Zeit der Not versprochene Säule zu errichten. Auch – oder gerade weil – 1697 kein besonderes Datum war. Und es kann sehr wohl sein, dass die Beendigung beider Gefahren gemeint war: Pest und Türkeneinfall.
Bei den Fronleichnamsprozessionen wird traditionsgemäß ein Altar bei der Mariensäule errichtet. Dass früher auch eine Station der Bittgänge war, erzählt die Pfarrchronik aus dem Jahr 1851.
Keine schauerlichen Begebenheiten und keine welthistorischen Ereignisse knüpfen sich an diese Säule, aber Ferdinand Raimund und seine Toni Wagner haben sich hier in den Abendstunden des 10. September 1821 ewige Treue geschworen.
Dass Raimund seinen Schwur gehalten hat, erfahren wir aus Briefen der Jahre 1827 und 1829. Er schreibt: „Vergiss nicht, das der Monat ist, wo wir unsere heilige Mutter besuchen und den Kranz der Treue zu ihren Füßen niederlegen müssen. Ich fahre heute vielleicht in diese mir ewig unvergessliche Gegend. Nirgends tritt mir Dein Bild so schön entgegen, als in dem sanften Tale von Neustift, und eine unwillkürliche Schwärmerei ergreift mich stets schon bei dem Gedanken an dasselbe ...... Dieser Herbst erinnert mich wieder an unsere angenehmen Spaziergänge in Neustift, ich habe es neulich schon besucht und unser Tal blüht noch so schön wie unsere Liebe.”

Quellen:
Währinger Heimatbuch,1923
200 Jahre Neustifter Pfarre, 1983,
Dr. Elisabeth Gamillscheg
Döblinger Museumsblätter, Mai 1973,
Walter Berger

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