Verein zur Pflege der Denkmäler und der lokalen Kultur
in Neustift am Walde und Salmannsdorf

Begräbnisstätten und Friedhöfe in Neustift am Walde und Salmannsdorf
Ing. Hannes Trinkl

Ob es in unserer Gegend im frühen Mittelalter überhaupt schon Dauerbewohner gab, ist fraglich. Über Totenbestattungen gibt es jedenfalls keinerlei Urkunden. Vor ca. 1330 (Pfarrgründung Sievering) wurden die Neustifter und Salmannsdorfer im Pfarrfriedhof Heiligenstadt beerdigt, (erste Nennung Salmannsdorf 1279, Neustift 1330).
Danach wurden die Toten viereinhalb Jahrhunderte lang, bis 1784, im Sieveringer Pfarrfriedhof bestattet.

Seuchenfriedhöfe
1679: Pest, Neustift am Walde 108 Tote, Salmannsdorf 78 Tote.
1683: Türken in Wien, keinerlei Aufzeichnungen über Bestattungen (in Neustift ermordeten sie 21 Hauseigentümer, in Salmannsdorf 16). 1713: Pest, Juli 61 und im August 81 Opfer.
1831 und 1832: Cholera, Neustifter Seuchenfriedhof, Ottingerwiese Salmannsdorfer Seuchenfriedhof, Keylwerthgasse.
1849 - 1873: immer wieder Typhus.

Aus der „Infections Ordnung“ von 1679 aus Weidling geht hervor: Die Toten sollten an Orten, die abseits der Straße lagen, ehrbar begraben werden. Der Richter und die Gemeinde hätten die Plätze dafür auszuwählen. Die Begräbnisse dürfen nicht bei hellem Tage, sondern müssten in der Nacht stattfinden. Damit die Leichen nicht in den Häusern liegen bleiben und eine Ansteckung für andere bedeuten, hätten die Richter und die Gemeinde vier Leute aus dem Ort oder vier Fremde zu bestellen. Sicher konnte man damals nicht so leicht Pestknechte finden, die die Toten aus den Häusern holten und zu den Gräbern brachten. Die Vorschrift spricht sogar ausdrücklich davon, dass der Richter solche Personen nötigenfalls „bey hocher straff und betrohung des Kleibenthurs (Gefängnis) bald erhandeln soll“.
Die Sieveringer, und wahrscheinlich auch die Neustifter Pesttoten bestattete man beim Reisserkreuz in der heutigen Agnesgasse. Später bestattete man die Neustifter Seuchenopfer neben dem „alten“ Friedhof auf der Ottingerwiese. Die Salmannsdorfer Seuchenopfer bestattete man auf einer Wiese an der Keylwerthstraße, das Kreuz (Arme Seelen Kreuz, Fegefeuer Kreuz) steht noch an dieser Stelle. Allerdings gibt es auch Berichte, wonach beim „Franzosenkreuz“ in der Salmannsdorfer Straße 32 ein Seuchenfriedhof gewesen sein soll.

Pfarrfriedhöfe
Nach der Pfarrgründung in Neustift am Walde wurde auch bei uns ein Pfarrfriedhof für die Neustifter und Salmannsdorfer angelegt. Allerdings nicht wie üblich rund um die Kirche, sondern etwa 300 m den Krottenbach abwärts am Flur Opferkolben, am linken Ufer des Krottenbaches. Heute Rathstraße 1 beim Kreisverkehr. Der Friedhof wurde am 6. April 1784 durch den Dechant Joseph Schulz von St. Dorothea und dem Neustifter Pfarrer Joseph Zöhr eingeweiht. Eine Planke umgab den 280 m2 (78 ½ Quadratklafter) großen Friedhof, auch befand sich dort eine Hütte, in der man Totentragen und Totentruhen aufbewahrte.
Das Friedhofskreuz, das nach der Pfarrchronik Alois Rath 1857 aufstellen ließ, war noch in den 1960er Jahren neben dem ehemaligen Gasthaus Pitlik sichtbar. Das erste Begräbnis fand am 21. April 1784 statt, Margaretha Köller, die Tochter von Jakob und Magdalena, wurde 82 Jahre alt.
In dieser Zeit nähte man die Toten oft nur in eine „Leinwand“ ein, bestreute sie mit ungelöschtem Kalk und senkte sie ohne Truhe in das Grab.
Der Friedhof lag sehr ungünstig, das Wasser des Krottenbaches drang oft in die Gräber ein. Die Pfarrchronik berichtet, dass gleich beim Einsenken in das Grab im Wasser schwamm und jede Leiche nur kaum drei Schuh tief eingegraben wurde. Der Pfarrer befürchtete den Ausbruch von verheerenden Krankheiten und regte die Verlegung des Friedhofes an.
Es sollte allerdings noch 39 Jahre und 476 Begräbnisse (inkl. der Pest und Choleratoten, die zum Teil in den Seuchenfriedhöfen beerdigt wurden) dauern, bis der Friedhof an eine andere Stelle verlegt wurde.

Der zweite Neustifter Pfarrfriedhof
Für den zweiten Neustifter Friedhof stellte die Gemeinde eine Fläche von 100 Quadratklafter auf der Neustifter Hutweide, neben der späteren Ottingerwiese, unterhalb der Sommerhaide zur Verfügung.
Jeder Hausbesitzer in den beiden Gemeinden zahlte für die Errichtung und die Einzäunung einen Beitrag. Am 25. November 1823 weihte der Probst von Klosterneuburg, Gaudentius Dunkler, den neuen Friedhof ein.
Neben dem Pfarrfriedhof wurde ein Seuchenfriedhof angelegt.
Anna Nierscher wurde am 29. Dezember 1823 mit ihren frühgeborenen Zwillingen Antonia und Andreas als erste am Friedhof beerdigt.
Der Friedhof wurde allmählich zu klein, daher wurde er 1858 um einige Klafter vergrößert. Zwei Jahre später erhielt er eine neue Totenkammer.
Bald war der Friedhof neuerlich zu klein geworden, und man sah sich nach einem Platz für einen neuen um. Der Friedhof wurde ab 1880 nicht mehr belegt, aber er bestand noch weiter – bis dahin wurden 1227 Neustifter und Salmannsdorfer hier beerdigt. Durch Mauern und Planken geschützt, existierte er noch nach dem Ersten Weltkrieg.
Das Kriegerdenkmal sollte 1929 vor dem ehemaligen Friedhof aufgestellt werden. Der katholische Männerverein entschied sich jedoch für den Aufstellungsort an der Kirchenaußenwand.
Die beiden riesigen Bäume wurden sicher zur Zeit der Gründung des Friedhofs vor knapp 200 Jahren links und rechts des ehemaligen Eingangs zum Friedhof gesetzt. 1989 wurde davor durch den Weinbauverein und auf Anregung von Franz Zeiler ein Gedenkkreuz für die hier begrabenen Weinhauer aufgestellt.

Der heutige Neustifter Friedhof
Nicht weit vom zweiten Friedhof, entstand der dritte, der heutige Friedhof, gegründet vom damaligen Bürgermeister von Neustift am Walde (1885 – 1891) Leopold Rath.
Der Friedhof wurde am 9. August 1880 von Prälat Fröschl vom Stift Klosterneuburg eingeweiht und am 1. September desselben Jahres der Benützung übergeben. Der neue Friedhof war anfangs noch klein. Ein Zimmer genügte als Aufbahrungsraum, denn man brauchte ihn nur für die Fremden. Die Toten aus Neustift am Walde und Salmannsdorf bahrte man in ihren Häusern auf und brachte sie von dort im Leichenzug zum Grabe. Frau Eleonore Wambacher war die letzte Neustifterin, die zu Hause im Jahre 1949 aufgebahrt wurde.
Der Neustifter Bürgermeister berichtete 1890 dem Wiener Magistrat, dass der Friedhof noch 1.900 Leichen aufnehmen könne. Ohne Berücksichtigung der Beilegungen in bestehenden Grüften und Familiengräbern „reiche der unbelegte Teil des Friedhofes für 90 Jahre aus“.
1905 betrug die Fläche des für die „katholischen Leichen der ehemaligen Vororte Neustift am Walde und Salmannsdorf“ bestimmten Friedhofes 10.286 Quadratmeter. Reserveflächen waren keine vorhanden.
Im November 1924 genehmigte der zuständige Gemeinderatsausschuss den Neubau einer Aufbahrungshalle. Dadurch sollte den Hinterbliebenen die Möglichkeit geboten werden, „die Leichen ihrer Angehörigen in durchaus vornehmer und würdiger Weise auf dem Friedhof aufzubahren“. Gleichzeitig sollte damit die „sanitär nicht unbedenkliche Aufbahrung im Sterbehaus vermieden werden“.
1931 wurde der Friedhof unter Einbeziehung einer, bis dahin dem Wald- und Wiesengürtel zugeordneten, Fläche um 38.000 Quadratmeter erweitert. Der Erweiterungsteil wurde eingefriedet, bepflanzt und der neue Hauptweg hergestellt.
Zwischen 1940 und 1945 wurden am Friedhof Erweiterungsarbeiten durchgeführt.
1954 wurde der Friedhof neuerlich erweitert.
1957 wurde der Haupteingang verlegt und ein Teil der Erweiterungsfläche in den Friedhof miteinbezogen.
1959 wurde die eingefriedete Fläche des Friedhofes vergrößert und das alte Friedhofstor zugemauert. Innerhalb des vorangegangenen Jahrzehnts war die Beerdigungsfläche um annähernd 50 Prozent auf 100.800 Quadratmeter vergrößert worden. Die Anzahl der jährlichen Bestattungsdurchführungen hatte sich wesentlich erhöht.
Im November 1966 wurde die Errichtung einer zweiten Aufbahrungshalle im Westteil des Friedhofes sowie eines neuen Friedhofseinganges (Tor 3) bewilligt. Die Innenausgestaltung der, nach den Plänen von Architekt Oberbaurat Josef Strelec errichteten Halle erfolgte nach den Plänen von Architekt Prof. DI Erich Boltenstern und zwar nach den 1964 bei der Gestaltung des Zeremonienraumes in Jedlesee festgelegten Grundsätzen. Die Eingangsfront weist ein vom akademischen Maler Friedrich Fischer geschaffenes Wandmosaik - eine abstrakte Komposition - auf. Das über dem Eingangstor angebrachte Glasfenster gestaltete der akademische Maler Prof. Hermann Bauch. Der in der Stirnwand in einer Nische errichtete Altar kann bei Trauerfeiern, die nicht nach christlichem Ritus erfolgen, durch einen Vorhang verdeckt werden.
In den Jahren 1974/1975 wurde die Aufbahrungshalle 1 nach den Plänen von Architekt Prof. DI Erich Boltenstern umgestaltet. An Stelle der beiden Aufbahrungsräume wurde ein einziger Zeremonienraum geschaffen. Der Flügelaltar kann bei nichtchristlichen Zeremonien geschlossen werden. Auf dem Emailkreuz ist Christus als Christkönig, Überwinder des Todes, dargestellt. Es stammt vom akademischen Maler Prof. Hans Robert Pippal. Die Aufbahrungshalle, in der auch Kremationsfeiern abgehalten werden können, wurde am 24. November 1975 wieder der Benützung übergeben.
Seit 2010 wird der Friedhof als Umweltfriedhof geführt in dem Tiere und Pflanzen einen weitgehend ungestörten Lebensraum finden. In Kooperation mit dem Netzwerk Natur der MA 22 (Wiener Umweltschutzabteilung) wurde der Friedhof noch attraktiver für seltene und gefährdete Tiere gemacht. Sieben Areale locken Feuersalamander, Springfrösche, Fledermäuse und Co an.

Hannes Trinkl © Verein DENK*MAL

Quellen:
200 Jahre Neustifter Pfarre
Pfarrmatriken
Währinger Heimatbuch
Wiener Friedhöfe

Copyright Verein DENK*MAL

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